Rebellen rütteln am Relikt
Die Digitalisierung ist in der Umsetzungsebene angekommen.
Aus vielen Kongressen und Studien wissen wir mittlerweile, dass die
Gemeinschaft der individuellen Kulturen der wesentliche Schlüssel zur
nachhaltig erfolgreichen Transformation ist.
So schreibt Bearing Point im diesjährigen
Digitalisierungsmonitor einerseits: „Eine Schlüsselrolle bei der Identifizierung
wie der Verankerung einer digital-affinen Unternehmenskultur kann die HR-Abteilung
erfüllen. So könnte sie systematisch Visionäre identifizieren und anwerben
beziehungsweise entwickeln. Doch wird diese Wirkung der Personalabteilung
offenbar bislang in zu wenigen Fällen bei der Digitalen Transformation
mitgedacht.“.
In dieser Sicht wird im Kern die Installation eines CDO
Mandates untersucht. Dabei ist klar: Wenn die CDO Auswahl nach stereotypen
Technokratenmerkmalen und ohne HR- und Führungserfahrung und in klassischen Recruitingverfahren erfolgt, wird
eine ganzheitliche Strategie zur Veränderung der Unternehmenskultur mindestens
mühsam. Weiter schreibt BP: „Damit mangelt es nicht nur zahlenmäßig an
Rebellen, sie bleiben wegen unzureichender Einbindung und struktureller
Unterstützung „digitale Robinsons“ ohne Netzwerke und Veränderungskraft im
Unternehmen.“ Weitergedacht sollen also digitale Rebellen die Inkubatorfunktion
für die bakteriengleiche Entwicklung einer digitalen Unternehmenskultur bilden.
Andererseits liefert die BP-Studie folgenden Erkenntnis:
„Überkommene Strukturen behindern die Digitale Transformation. … Damit ist auch
die Einsicht gereift, welche Faktoren für den Erfolg der Digitalen
Transformation entscheidend sind: die Unternehmenskultur, die Organisationsstruktur
sowie die individuellen Einstellungen der Entscheider und Mitarbeiter, wie
Experimentierfreude und Inspiration.“
Hier deutet man unausgesprochen auf
Organisationen-/Schwarmkompetenz hin. Diese basiert auf geteilten Erfahrungen.
Die wiederum entstehen aus Lernen und Wissen. Wir müssen begreifen, dass der
einzig vernünftige Weg zur Digitalen Transformation die Gestaltung einer
lernenden Organisation ist. Aus dieser Erkenntnis heraus fallen die Resultate
verschiedener Studien, -beispielsweise auch in der BDI Studie von Roland Berger
(die digitale Transformation der Industrie)- verdächtig einsilbig aus. Wer
Unternehmen rät, dass die technische Automatisierung (KI, Big Data..)
schnellstens realisiert werden soll und zweitens die Führungsebene die
Bedeutung von Digitalisierung verständlich machen muss (bei Berger: CEO, Chefstratege,
CFO und COO), der vergisst das CDO Mandat und die wichtige Rolle von HR!
Denn vor allem diese beiden sind in der Lage, in der
Belegschaft ein positives Bewusstsein für digitale Belange zu schaffen. Das
Erfolgsgeheimnis moderner Unternehmen liegt im routinierten Umgang mit
Lernmanagement. Wissen zielorientiert und selbstbestimmt erwerben und teilen. Vielleicht werden
Führungskräfte in Zukunft auch danach bewertet, wie viele Beiträge sie ins
Wissensmanagement hochgeladen haben und wie diese bewertet wurden. Dabei gelten
ähnliche Merkmale wie in der Automatisierung, beispielsweise agiles Handeln
oder Sharing. So entsteht kollektive Erfahrung.
Deshalb müssen die hier zitierten Handlungsempfehlungen und
andere dringend ergänzt werden: Wenn Lernen und Wissen die neuen
Kernkompetenzen moderner Unternehmen sind,
müssen Methode und System zwingend in Einklang stehen. Wir brauchen eine
digital geprägte Lernkultur als Basis für die Unternehmens- und Organisationskultur.
Dies gelingt nur dann, wenn wir Lernmanagement, Wissensmanagement und
Kompetenzmanagement vernünftig verbinden und mit digital orientierten Methoden
(Facilitation, vuca…) in Einklang bringen.
Wirksame Nachhaltigkeit in der
Digitalisierung erfordert positiv motivierende Frustrationstoleranz. Denn die
Nachhaltigkeit ist (im digitalen Sinne Skalierbarkeit) ist der eigentliche
Erfolgsfaktor für die Digitale Transformation. Skalierbarkeit ist der
eigentliche (Nachhaltigkeits-)Erfolgsfaktor für die Digitale Transformation. Bei
mir heißt das „The human part of digital readiness“. Bei anderen: „Keep the
human in the loop“ (Uf Morys, Finance Director EAST, Ubisoft).
Die Kraft für die Umsetzung entsteht durch interdisziplinäre
Zusammenarbeit in gut angelegten Kampagnen. Der Vorteil in diesem Changeprojekt
ist, dass wir Menschen bereits Digitalerfahrung aus unserem Privatleben
mitbringen. Die Rebellen rütteln am Relikt, die HR Manager stellen die
Rahmenbedingungen. Die Digitalisierung ist in der Umsetzungsebene angekommen.